Auswirkungen der Acem Meditation

Welche Ergebnisse sind kurz- und langfristig zu erwarten, wenn man Acem Meditation praktiziert? Das variiert natürlich etwas mit dem persönlichen Ausgangspunkt, mit der Motivation, der Offenheit für Veränderung und Ähnlichem. Sehen wir uns die Wirkungen bei mehreren Menschen an, findet man trotz Unterschieden einen Teil gemeinsame Züge.

von Are Holen (geb. 1945), Professor für medizinische Psychologie an der Universität Trondheim (NTNU), Begründer von Acem und Leiter von Acem International

 

Um einen Überblick zu bekommen über die Ergebnisse von Acem Meditation im Verhältnis zur Ausführung und Aktualisierung erscheint folgende Einteilung zweckmäßig:

1. Direkte Wirkungen – Folgen aus den spezifischen Wirkmechanismen der Meditation

  • quantitative Wirkungen
  • qualitative Wirkungen

2. Indirekte Wirkungen

Im Weiteren werden wir jeden dieser Punkte näher betrachten, doch zunächst soll dargelegt werden, was für die Resultate entscheidend ist:

  • richtige Meditationsausführung
  • regelmäßiges Praktizieren und
  • meditationspsychologisches Verständnis, das u. a. in Aktualisierungsphasen zu geeigneten Maßnahmen beiträgt.

Führt man die Meditationstechnik nicht zufriedenstellend aus, dann kann man nicht mit Resultaten rechnen. Aber wann meditiert man richtig? Es ist notwendig, dem Grundkurs gut Folge zu leisten. Er bietet eine solide Basis, um die eigentliche Grundinstruktion in Acem-Meditation zu lernen. Wenn man diese kann, wird dennoch die Anwendung der Instruktion nicht immer selbstverständlich sein, denn das Meditieren selbst macht eine wechselhafte Entwicklung durch. Das hat nichts damit zu tun, dass der Meditierende dumm wäre oder das Wesentliche vergessen würde.

Nach einigen Monaten regelmäßigen Meditierens beeinflussen vielmehr Spannungen und unfertige Seiten der Persönlichkeit die Meditationsausführung – ohne dass man sich darüber klar ist. Man stellt nur fest, dass die Wirkungen der Meditation schwinden. In solchen Phasen benötigt man eine Klärung, sonst wird die Entwicklung leicht dazu führen, dass man aufgibt und gar nicht mehr meditiert. Wenn man den ganzen Gewinn aus Acem-Meditation erzielen möchte, und sie nicht nur eine Entspannungsmethode bleiben soll, muss man in ein Entdecker-Verhältnis zur Ausübung treten. Meditieren bedeutet nicht nur, eine statische Instruktion zu befolgen, sondern sich kennen zu lernen und sich zu ändern. Denn beim Meditieren erfahre ich, wie ich mich verhalte, wenn ich auf Seiten von mir stoße, die sonst meine Möglichkeiten und Entfaltung begrenzen.

Alle Arten von Meditation benötigen eine Weiterführung und Abklärung, wenn es möglich sein soll, damit Grenzen abzubauen. Instruktion und guter Rat alleine sind nicht genug. Das ist vermutlich auch der Grund, warum Lehrbücher der Meditation nie zu einer Ausbreitung von Meditation geführt haben.

Ein anderer Punkt, der für Wirkungen von Meditation Bedeutung hat, ist die Einstellung und das persönliche Meditationsverständnis. Das entscheidet auch darüber, wie man es schafft, neuen inneren Veränderungen zu begegnen, ob man im Einklang mit den Prinzipien der Methode meditiert oder ob man von ihnen abweicht und damit den Effekt der Meditation reduziert.

Das persönliche Meditationsverständnis kann stark variieren – von einem unreflektierten zu einem eher reifen Verständnis. Es kann unsystematisch sein, auf zufälligen Erfahrungen und ungeprüften Ansichten gründen. Aber es kann auch gründlich systematisiert sein, gleichsam auf alles eine Antwort haben – und dennoch unreflektiert wirken. Es kann zwei Arten von Meditationsverständnis geben: entweder steht das Ziel der Entwicklung im Mittelpunkt des Interesses, oder die Mittel zur Förderung von Entwicklung, also die Ausführung. Die erste Art von Verständnis ist zweckgebunden, die andere ist prozessorientiert.

Es zeigt sich, dass alle, die Meditation lernen, dazu neigen, der zweckgebundenen Orientierung zu verfallen. Das drückt sich u.a. dadurch aus, dass der Meditierende mehr daran interessiert wird, ob er das Richtige erlebt, die richtigen Zustände erreicht, als daran, die Meditation auszuführen, wie es erforderlich ist. So kann es kommen, dass man die Wirkungen der Meditation in der Meditationsstunde selbst sucht und nicht im Leben. Das wird Meditation um der Meditation willen, nicht für das Leben. Zweckgebundene, zustandsorientierte Meditationsausübung erweist sich als Sackgasse und macht gerade etwas von der Zwangsjacke aus, die den Menschen von der Nähe zum “Hier und Jetzt” trennt.

Das persönliche Meditationsverständnis benötigt deshalb ein reifes Durcharbeiten und Abklären, um ein unnötiges Abgleiten in zweckgebundenes Meditieren zu vermeiden. Darum ist es nicht gleichgültig, wo man das Meditieren lernt und wie sehr man sich einsetzt, um es zu lernen. Die Unterrichtsform und der begriffliche Rahmen, in den Meditation gestellt wird, tragen dazu bei, die Grundlage für das persönliche Meditationsverständnis zu bilden.

Von einem Guru geleitete Gruppen haben häufig eine klare Lehre von Bewusstseinsstadien, die den Meditierenden allzu leicht aus freier geistiger Ungebundenheit bringt. Man grenzt sich gegen Alternativen ab und wird damit beschäftigt, so zu erleben, wie es die Lehre des Gurus beschreibt. Zweckgebundenes Meditationsverständnis kann auch andere Ursachen haben: Unsicherheit, mangelndes Nachdenken, die Stelle, wo man Meditation lernt, persönliche Neigungen, Bedürfnis der Bestätigung. Zweckgebundenes Meditationsverständnis wird früher oder später auf Kollisionskurs mit der meditativen Entwicklung kommen. Die Lösung kann sein, dass man die Meditation fallenlässt und seine Perspektive behält. Aber es kann auch das Gegenteil geschehen: man macht weiter mit Meditation – von der einseitigen Perspektive wird abgewichen. Das ist Wachstum.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen wollen wir nun die Wirkungen der Meditation näher betrachten.

Direkte Wirkungen

Hierunter sind Effekte gemeint, die bei richtigem Gebrauch von Meditationslaut und Gelassenheit direkt erfolgen – also Veränderungen während der Meditation. Direkte Wirkungen lassen sich in zwei Arten einteilen: quantitative und qualitative Wirkungen.

Quantitative Wirkungen stellen sich jedes Mal ein, wenn man meditiert – gleichgültig, ob man ein einziges Mal meditiert, sporadisch oder regelmäßig. Sie sind meditationsspezifisch. Sie entstehen spontan als psychophysiologisches Resultat der Meditationsausführung. Die Wirkungen manifestieren sich u.a. als (a) muskuläre Entspannung und (b) größere geistige Ungebundenheit, was für gewöhnlich Ruhe im Denken und Fühlen mit sich bringt. Man macht also in Acem-Meditation überhaupt nichts mit der Absicht zu entspannen, sondern gebraucht nur die Technik wie gelernt. Entspannung, physisch und psychisch, resultiert spontan. Verspannte Muskeln lockern sich. Gedanken und Gefühle von Geschehnissen des Alltags beruhigen sich augenblicklich. Mit Acem-Meditation wird man körperlich und geistig schneller mit den Eindrücken des Tages fertig.

Wenn sich die direkten, quantitativen Wirkungen nicht hinreichend einstellen, ist das für gewöhnlich auf eine mangelhafte Ausführung des Meditierenden zurückzuführen. Der Betreffende benötigt Meditationsanleitung. Diese Wirkungen bezeichnen wir als ‘quantitativ’, weil der Meditierende sie innerhalb bestehender Rahmen seiner Persönlichkeit erzielt; er wird (quantitativ) entspannter, weniger unruhig, und so weiter. Qualitative Veränderungen reichen über den Rahmen der Persönlichkeit des Meditierenden hinaus. Etwas Neues wird zugänglich. Ein qualitativer Sprung eröffnet neue Möglichkeiten des Wachstums.

Über kürzere Zeiträume können muskuläre Entspannung und vermehrte geistige Ungebundenheit ausnahmsweise auch zu größerer innerer Unruhe führen (der paradoxe Effekt der Meditation). Das geschieht oft im Vorfeld qualitativer Änderungen, z.B. wenn beim Meditieren verdrängte Gefühle oder Gedanken aktualisiert werden. Solche Unruhe ist ungefährlich, sie stellt eine wichtige Bearbeitung dar und geht vorüber. In diesen Perioden ist Meditationsanleitung sehr hilfreich. Das macht es leichter, die Unruhe zu bewältigen.

Gerade dass solche unangenehmen Episoden ausgelebt werden, schafft eine Möglichkeit für tiefere Entspannung. Wenn die halbe Stunde Meditation in solchen Zeiten unruhig erlebt wird, so wird man dennoch entspannt und ausgeruht. Etwas verändert sich, der Ausgangspunkt ist neu.

In physiologischen Untersuchungen, die während der Meditation vorgenommen werden, werden eben die quantitativen Wirkungen erforscht. Es zeigen sich Veränderungen des körperlichen Aktivitätsniveaus, gemessen an der Herzaktivität und am Sauerstoffverbrauch. Insgesamt zeigt diese Forschung, dass Meditation tiefe Entspannung fördert.

Qualitative Wirkungen sind auf längere Sicht für den Meditierenden wichtiger. Diese Art von Wirkungen ist selten für den Anfänger aktuell. Sie kommen häufig nach längerer Zeit regelmäßigen Meditierens, oft dauert es Jahre. Wenn sich qualitative Wirkungen zum ersten Mal geltend machen, sind sie oft zurückhaltend, gleiten gerade noch in Übergänge, so dass das Phänomen vom Meditierenden wenig beachtet wird. Die Wirkung ist in diesem Fall genauso ausgeprägt, aber es kann schwerfallen, zu formulieren, was eigentlich geschieht.

Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem, wer wir sind, wie wir leben, denken und handeln – und wie wir meditieren. Meditationsausführung und Lebensführung sind zwei Seiten derselben Sache. Qualitative Änderungen in der Lebensführung werden sich auf die Meditation auswirken, und umgekehrt: qualitative Änderungen der Meditationsausführung werden sich auf sonstige Bereiche unseres Lebens übertragen. Diese Art von Veränderung, ein Dimensionssprung in der Ausübung von Meditationslaut und geistiger Gelassenheit, ist genau das, was wir mit “qualitativer Wirkung” meinen.

Qualitative Veränderungen sind also nicht nur ein Mehr oder Weniger von früheren Elementen, sondern ganz neue Dimensionen in unserem Leben, die früher unzugänglich waren. Das eröffnet neue Möglichkeiten des Erlebens und Handelns und bringt eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit mit sich.

Im Anschluss an qualitative Wirkungen werden während Acem Meditation grundlegende Persönlichkeitszüge, Charakterstrukturen, aktualisiert, welche dann die Ausübung der Meditation beeinflussen. Auf Verhaltensebene repräsentieren diese Züge unentwickelte Bereiche und verursachen inadäquate Reaktionen. Qualitative Änderungen bestehen darin, dass sich der Geist mit Hilfe des Meditationslautes in früher verschlossenen Gebieten bewegen kann. Qualitative Wirkungen erschließen außerdem neue Bereiche sowohl für quantitative als auch für indirekte Wirkungen von Acem-Meditation.

In Verbindung mit Aktualisierung kommt es häufig zu Widerstand, man neigt zu Ausführungsfehlern oder ändert die Meditationsgewohnheiten. Viele Meditierende werden unregelmäßig, einige hören ganz auf. ”Nach einiger Zeit hat es mir gleichsam nichts mehr gegeben.”

Leider verliert man gleichzeitig die Chance, durch weiteres Meditieren unfertige Seiten der Persönlichkeit zu bearbeiten. Ganz umsonst war es dennoch nicht; der Meditierende, der auf dieser Grundlage aufhört, ist der Möglichkeit zu Bearbeitung durch eine andere Lebensentfaltung auch näher gekommen.

Ein Teil der Meditierenden arbeitet aber mit seiner Meditation weiter. Qualitative Änderungen ergeben sich dann aus der Bewältigung aktualisierter Probleme in der Meditation. Als Nachwirkung wird sich diese Bewältigung in parallelen Verhältnissen des Alltags fortsetzen.

Während sich quantitative Wirkungen in jeder richtig ausgeführten Meditation zeigen, werden qualitative Änderungen nur von Zeit zu Zeit stattfinden.

Indirekte Wirkungen

Hierunter sind Auswirkungen auf den Alltag zu verstehen, also die Folgen des Meditierens. Indirekte Resultate zeigen sich nicht während der Meditation, sondern danach. In den meisten Fällen können sie auf die gründliche Entspannung in der Meditation zurückgeführt werden. Aber in einigen Bereichen haben sie ihre Ursache in qualitativen Änderungen der Meditationsausführung.

Indirekte Resultate sind u.a. ein besserer Nachtschlaf, mehr körperliche Gelöstheit, Erleben stressfreieren Agierens, mehr Energie für effektives Arbeiten und/oder im Umgang mit anderen Menschen, verbesserte Konzentrationsfähigkeit, größere Ausdauer, und vielleicht eine gesteigerte Fähigkeit zu mitmenschlichem Einfühlen und zu Verhaltensänderungen.

Bei indirekten Wirkungen geht es also um Alltagsfolgen der täglichen muskulären Entspannung und geistigen Gelassenheit während der Meditation. Diese Wirkungen resultieren zu einem gewissen Grade aus jedweden Umständen, die zu täglicher Entspannung und Ruhe führen könnten, wie z.B. Massage, Medikamente, ein kleiner Mittagsschlaf, usw.. Selbstverständlich können verschiedene Methoden nicht als gleichwertig beurteilt werden, weil so viele andere Momente ins Spiel kommen. Entspannung und geistige Ruhe durch Opium würde wahrscheinlich intensiver erlebt werden als in Meditation. Jedoch bekommt regelmäßiger Gebrauch die unselige Konsequenz, dass man abhängig wird und gleichzeitig physisch und psychisch abbaut. Massage bewirkt gute muskuläre Entspannung, in geringerem Maße geistige Ruhe, aber wahrscheinlich ein gewisses gesteigertes Wohlbefinden. Indessen wird dieser Weg kaum eine Grundlage für Persönlichkeitsentwicklung liefern. Diese Methoden werden hier genannt, um zu beleuchten, was mit der Aussage gemeint ist, dass indirekte Wirkungen nicht alleine der Meditation zu Eigen sind, sie sind nicht meditationsspezifisch. Die direkten Resultate sind an das Praktizieren der Meditationstechnik selbst geknüpft, sie sind also meditationsspezifisch.

Die Wirkungen der Meditation auf das tägliche Leben werden als indirekte Wirkungen bezeichnet, sie stellen Nebeneffekte von sowohl quantitativen, wie auch qualitativen direkten Ergebnissen dar.

Durch geistige Ruhe und körperliche Entspannung, durch Wirkungen auf das Alltagsleben und qualitatives Verändern der geistigen Arbeitsweise hilft uns Acem Meditation, eine mehr konstruktivere Lebensausrichtung zu finden.

Bedeutend mehr könnte über direkte und indirekte Wirkungen des Meditierens gesagt werden, doch hier sollte nur eine kurze Übersicht gegeben werden. Mit Acem Meditation können grundlegende Spannungen der Persönlichkeit (auch z.B. nach Drogenmissbrauch) bearbeitet werden, die das Erleben, Entscheiden und Handeln beeinflussen.